Irgendwie kommt so manchem das Bild sehr bekannt vor – wie im Frühjahr: Kinder und Jugendliche erledigen die Aufgaben für die Schule wieder zu Hause. Die Eltern organisieren gleichzeitig ihre Arbeit und die Kinderbetreuung – und viele fühlen sich gestresst. Ein harter Lockdown im Winter, verbunden mit der ständigen Angst vor Corona, sorgt in zahlreichen Familien für Unbehagen. Renate Blum-Maurice, Diplom-Psychologin und Mitglied des Landesvorstandes des Kinderschutzbundes, gibt Familien Tipps und Unterstützungsmöglichkeiten an die Hand.
Auf der Suche nach Abenteuern
Eltern und Kinder verbringen gerade im Lockdown viel Zeit zusammen. Das bringt Herausforderungen mit sich, aber auch viele Möglichkeiten. Familien könnten zum Beispiel etwas tun, was sie noch nie gemacht haben. Zu viert ein Buch lesen, abends in den Wald gehen oder eine Ralley zu Hause ausprobieren. „Man könnte diese Zeit auch als ein großes Abenteuer sehen“, meint Renate Blum-Maurice.
Bewegung entspannt und sorgt für Ausgleich
Ständig zu Hause im Lockdown zu sein, kann aber auch auf die Stimmung drücken. Obwohl das nasskalte Wetter nicht unbedingt zum Rausgehen einlädt: Bewegung an der frischen Luft entspannt Kinder und Erwachsene – und trägt zu Gesundheit und Wohlbefinden bei. „Auch wenn Kinder Spazierengehen nicht wirklich spannend finden, tut ihnen eine Zeitlang an der frischen Luft auf jeden Fall gut – gerade, wenn die Wohnung klein ist“, sagte Renate Blum-Maurice. Eltern müssen sich nicht jedes Mal einen Abenteuer-Spaziergang ausdenken. Aber manchmal kann es Kinder sehr motivieren, wenn sie die Aussicht haben, draußen etwas zu erleben: eine Schnitzeljagd mit Kreidepfeilen, Kronkorken sammeln, nur geradeaus gehen oder nette Grüße an die Freunde persönlich in den Briefkasten werfen.
Sich Unterstützung suchen, bevor das Fass überläuft
Der Lockdown ist vor allem für Eltern und Kinder schwierig, in deren Familien es besondere Belastungen gibt. „Das sind zum Beispiel Alleinerziehende, Eltern mit vielen Kindern, Familien mit geringem Einkommen, Menschen mit Erkrankungen und Eltern, die seelisch schlecht mit der Situation zurechtkommen“, erklärt Renate Blum-Maurice. „Studien zeigen, wie wichtig es für das Wohlbefinden der Kinder ist, dass es den Eltern gut geht“, betont die Psychologin. Es sei wichtig, dass Mütter und Väter gut auf sich achten und bei hoher Anspannung gegensteuern. Sie rät, sich rechtzeitig Entlastung und Unterstützung zu suchen. Das kann schon eine Stunde Freizeit sein, ein Spaziergang allein, ein Telefonat mit einem Freund oder einer Freundin. Auch in der Zeit des Lockdowns können sich Mütter und Väter telefonisch, online und persönlich Unterstützung suchen – erst recht, wenn sie Konflikte nicht mehr friedlich lösen können.
- Das Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“ ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr und dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800 111 0 550
- Die Telefonseelsorge hat die Nummer 0800 – 111 0 111, 0800 – 111 0 222 und 116 123. Das ist eine bundesweite anonyme, vertrauliche und kostenlose Hilfe für alle Menschen mit Sorgen oder in Krisensituationen. Sie ist an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbar.
- Das muslimische Seelsorge-Telefon unter der Nummer 030 – 44 35 09 821 bietet Beratung für Menschen in seelischen Notlagen auf Deutsch und dienstags auf Türkisch. Nach Absprache sind Beratungen auch in Arabisch, Urdu, Französisch, Englisch und Bosnisch möglich.
- Die Online-Konferenz Bundeskonferenz für Erziehungsberatung ist für Einzel- und Gruppenchats sowie für Mailberatungen erreichbar: bke-beratung.de
- Auf der Seite der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung bke.de finden Sie Beratungsstellen, die auch in Zeiten von Corona ein persönliches Gespräch anbieten.
- Auch Orts- und Kreisverbände des Kinderschutzbundes in Nordrhein-Westfalen bieten Familien Beratung und Unterstützung an.