Gewalt ist mehr, als du denkst - der Kinderschutzbund NRW klärt am Weltkindertag über psychische Gewalt an Kindern auf. Foto: DKSB Bundesverband
Gewalt ist mehr, als du denkst - der Kinderschutzbund NRW klärt am Weltkindertag über psychische Gewalt an Kindern auf. Foto: DKSB Bundesverband
 

Gewalt ist mehr, als du denkst

Was bedeutet psychische Gewalt? Und welche Auswege gibt es?
19. September 2022, Nicole Vergin

Jeder Mensch weiß, dass man Kinder nicht schlagen darf. Doch darüber, dass auch seelische Verletzungen in der Erziehung nichts zu suchen haben, gibt es kaum Bewusstsein.  Zum Weltkindertag am 20. September macht der Kinderschutzbund auf psychische Gewalt aufmerksam, die oftmals bagatellisiert oder gar nicht erst wahrgenommen wird. „Seelische Verletzungen gehören leider für viele Kinder zum Alltag, sei es im Elternhaus, aber auch in Kita oder Schule“, sagt Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes. Mit seiner Kampagne „Gewalt ist mehr, als du denkst“ möchte der Kinderschutzbund bundesweit aufklären.

 

 „Du bist zu dumm dafür!“

„Aus dir wird nie was!“

„Ich wünschte, du wärest nie geboren!“

Solche Sätze tun weh – gerade wenn sie von den Eltern oder anderen vertrauten Menschen kommen. „Wer ein Kind immer wieder oder sehr heftig beleidigt, erniedrigt, anschreit, terrorisiert, ignoriert oder auslacht, übt psychische Gewalt aus“, erklärt Bernd Reiners. Er ist Psychologe und leitet die Erziehungsberatungsstelle des Kinderschutzbundes in Aachen. Emotionale oder psychische Gewalt hinterlässt keine sichtbaren Spuren, aber sie kann einen Menschen für sein Leben prägen. „Die wiederkehrende Botschaft `Du bist schlecht, unerwünscht und ungeliebt` widerspricht den kindlichen Grundbedürfnissen und kann schwerwiegende Folgen haben“, so Reiners. Emotionale Gewalt schädigt das Selbstwertgefühl und die Entwicklung des Kindes; sie kann zum Beispiel zu Konzentrationsproblemen, Angst, Rückzug oder Aggressivität führen.

„Es hilft, sich Unterstützung zu suchen“

„Wenn sich Eltern maximal gestresst und überfordert fühlen, kann es sein, dass sie ihr Kind anschreien oder beleidigen“, sagt der Psychologe Bernd Reiners. „Viele wissen sich dann nicht anders zu helfen und lassen ihre Wut ungefiltert raus.“ Und dann? „Wenn das eine Ausnahme ist, hilft es, sich beim Kind zu entschuldigen und ehrlich zu sagen, dass man das nicht so gemeint hat“, rät Reiners. Bei wiederkehrender psychischer Gewalt sei professionelle Hilfe sinnvoll, zum Beispiel in einer Beratungsstelle. „Die meisten Eltern wollen ja ihre Kinder respektvoll behandeln, aber viele wissen nicht, wie sie gut mit Konflikten umgehen können.“ Es sei sicher nicht einfach, eingefahrene Verhaltensweisen durch Alternativen zu ersetzen. „Aber Veränderung ist möglich. Deshalb ist es gut, wenn Eltern sich Unterstützung suchen“, sagt Bernd Reiners.

Geht mich das etwas an?

Wer psychische Gewalt in anderen Familien beobachtet, tut gut daran, sich einzumischen – auch wenn das nicht einfach ist. Bernd Reiners empfiehlt, gute Freunde oder Bekannte in einer ruhigen Minute auf ihr Verhalten anzusprechen und Unterstützung anzubieten. Aber auch Fremde könnte man freundlich auf ihr Verhalten hinweisen – allein schon, um den Kind zu signalisieren: „Das, was deine Eltern da tun, ist nicht in Ordnung.“

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