Eine unbeschwerte Auszeit nach dem Jahrhundert-Hochwasser

BBBank Stiftung und der Kinderschutzbund NRW ermöglichen Flutopfern kostenlose Familienferien
3. August 2022, Nicole Vergin

„Wir brauchten ganz dringend Zeit mit der Familie“, erzählt Nina Kalski aus Wuppertal. „Einfach mal hier raus… Man hat ja immer diese schrecklichen Bilder von den überfluteten Häusern im Kopf.“ Das Angebot kam deswegen wie gerufen: eine geschenkte Auszeit – finanziert von der BBBank Stiftung und vermittelt vom Landesverband NRW des Kinderschutzbundes. Die Stiftung hatte insgesamt 58.000 Euro für Familienferien für Flutopfer gespendet. Davon sollen insgesamt über 20 Familien aus den Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kostenlos in den Urlaub fahren können, um sich zu erholen und gemeinsam etwas Schönes zu erleben. Einige haben ihre Reise noch vor sich, andere sind schon wieder zurück.

Schreckliche Erlebnisse und eine neue Freundschaft

Nina und Roman Kalski verbrachten ihren Urlaub mit ihren beiden Töchtern Lilly (4) und Lea (10) im niederländischen Friesland. Eine Woche lang nur angeln, Boot fahren, Fußball spielen, schwimmen, spazieren gehen – und nichts tun. Im Ferienhaus nebenan wohnte Familie Matschullat – die Nachbarn aus Wuppertal. Mit Lena und Christian Matschullat und ihren drei Kindern verbindet die Kalskis eine traumatische Erfahrung, die sie eng zusammengeschweißt hat.

Wieder bei Null anfangen

Die Häuser beider Familien wurden beim Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021 überflutet. Eltern, Kinder und ein Hund mussten Hals über Kopf fliehen. Bei Familie Kalski lief das untere Stockwerk voll; bei den Matschullats wurden alle Wohnräume zerstört. „Kleiderschränke schwammen im Wasser, die Sofas waren vollgesogen… Es war alles kaputt, und wir mussten wieder bei Null angefangen“, sagt Lena Matschullat. Noch heute kommen ihr die Tränen, wenn sie von der Flut erzählt. „Am schlimmsten finde ich, dass alle Erinnerungsstücke weg sind: Mutterpässe, Hochzeitsfotos, Bilder von Verstorbenen, alles.“

Das vergangene Jahr war für beide Familien extrem anstrengend: der Schock, die Trauer um das Verlorene, dazu jede Menge Arbeit beim Wiederaufbau. Die Matschullats warten immer noch darauf, dass die Bauarbeiten abgeschlossen sind und sie wieder in ihr Haus einziehen können. Im Moment leben sie in ihrer kleinen Einliegerwohnung. „Das alles ging nicht spurlos an uns vorbei, vor allem nicht an den Kindern“, so Lena Matschullat. Sie bekommen Angst, wenn es regnet. Dann holen sie die Erinnerungen wieder ein. Vor allem ihr jüngerer Sohn Adrian (9) leidet sehr unter den Erlebnissen.

Ein Haus am Wasser und viele schöne Erlebnisse

Das Ferienhaus in den Niederlanden lag – ganz bewusst ausgesucht – an einem kleinen Kanal. „Wir wollten nach der Flut wieder schöne Erfahrungen mit Wasser machen – vor allem für die Kinder“, erzählt Nina Kalski. Und dieser Plan ging auf. „Unser Sohn Adrian hat nur die ersten zwei Tage gefragt, ob das Wasser ins Haus kommen kann“, sagt Lena Matschullat. Danach habe er es wie die anderen genossen, so nah am Kanal zu sein, ergänzt sie. „Es tat uns allen einfach so gut, alles hinter sich zu lassen, unbeschwert zu sein und ein Stück Normalität zu erleben.“

Adrian (r., 9) und sein älterer Bruder Milan (11).

Nina und Roman Kalski
Nina und Roman Kalski
Familie Kalski
Familie Kalski