Illustration: Renate Alf, Gestaltung: pohl & rick grafikdesign
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20 Jahre Recht auf gewaltfreie Erziehung

2. Juli 2020,

„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ So heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch. 17 Worte mit sehr großer Bedeutung – die in diesen Tagen einen runden Geburtstag feiern. Vor 20 Jahren, am 6. Juli 2000, beschloss der Bundestag, dass Gewalt im Familienleben keinen Platz mehr haben darf. Kurze Zeit später, im November 2000, trat die neue Regel in Kraft.

Jonas (3) und Emilia (5) machen in der Badewanne Riesenwellen. Immer wieder schwappt das Wasser über den Rand der Wanne hinweg auf den Fußboden. Ihre Mutter schimpft. Sie will den beiden jetzt die Haare waschen und sie dann abtrocknen. Aber dazu haben Jonas und Emilia keine Lust. Sie lachen, hüpfen – und hören ihrer Mutter überhaupt nicht zu. Dann erwischt Jonas den Wasserschlauch und spritzt wild um sich, auf den Boden, die Toilette und die Badezimmerwände. Die Mutter beginnt zu schreien, reißt Jonas den Schlauch aus der Wand und schlägt ihn hart auf den Po. Beide starren sich erschrocken an. So etwas hat es in ihrer Familie vorher noch nie gegeben. Die Eltern finden es eigentlich nicht richtig, ihre Kinder zu schlagen.

Gewaltfreie Erziehung war lange Zeit legal

Früher war die grundsätzliche Haltung in der Gesellschaft eine andere. Backpfeifen, Ohrfeigen und die berühmte Tracht Prügel: „Über Generationen hinweg galt es als normal, dass Kinder zu Hause und auch in der Schule Schläge bekamen“, sagt Krista Körbes, Landesgeschäftsführerin des Kinderschutzbundes NRW. Viele Eltern, Lehrkräfte und andere Aufsichtspersonen waren der Ansicht, dass es in Ordnung sei, Kinder körperlich zu bestrafen – und lange Zeit war das in Deutschland auch legal.

„Das Recht auf gewaltfreie Erziehung ist deswegen ein Meilenstein für Kinder“, sagt Krista Körbes. Es sei ein klares Signal für Väter, Mütter und andere Aufsichtspersonen, dass Gewalt kein Mittel der Erziehung sein darf. In den vergangenen Jahren habe sich dadurch viel in der Gesellschaft verbessert. Das Ideal der meisten Mütter und Väter sei eine gewaltfreie Erziehung und ein respektvoller Umgang mit ihren Kindern.

Unterstützung für Eltern

„Wenn es in der Familie doch zu Gewalt kommt, ist das oft ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Überforderung“, so Krista Körbes weiter. Und dann? „Dann brauchen die Eltern Unterstützung – um Konflikte in der Familie in Zukunft friedlich lösen zu können.“

  • In jeder Stadt gibt es Erziehungs- und Familienberatungsstellen, die Eltern dabei helfen, Konflikte wertschätzend und respektvoll zu lösen. Auch der Kinderschutzbund bietet in vielen Städten Beratung und Unterstützung an.
  • In Elternkursen wie Starke Eltern – Starke Kinder® können sich Mütter und Väter untereinander austauschen. Sie lernen Wege kennen, um den Familienalltag zu entlasten und wertschätzend mit ihren Kindern umzugehen. Der Kinderschutzbund und andere Träger bieten den Kurs vielerorts an.
  • Auch telefonisch können sich Mütter und Väter Unterstützung holen. Das Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“ ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr und dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800 111 0 550

Der Elternbrief „Mit Respekt geht´s besser – Kinder gewaltfrei erziehen“ des Arbeitskreises Neue Erziehung e.V. informiert sehr anschaulich. Sie können den Elternbrief hier herunterladen.

Die ARD-Dokumentation „Wer seine Kinder liebt, der züchtigt sie“ von Erika Fehse berichtet sehr eindringlich über die Geschichte der Körperstrafen.