Wutanfälle gehören in vielen Familien mit zwei- oder dreijährigen Kindern zum Alltag. Die Kinder durchleben die Trotz- oder besser die Autonomiephase. Das kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Aber die Autonomiephase ist wichtig für die kindliche Entwicklung – und Eltern können ihren Kindern dabei helfen.
Emma (2) steht auf dem Küchenstuhl und versucht, die weiße Schokolade aus dem Schrank zu holen. Ihre Mutter ist dagegen und macht die Schranktür wieder zu. Sie möchte nicht, dass Emma noch mehr Süßigkeiten isst, weil sie an diesem Nachmittag schon ein Eis und Kekse hatte. Die Mutter will gerade anfangen, das Abendessen zu kochen, als ihre Tochter anfängt zu weinen und zu schreien. Sie wirft sich vor Wut auf den Fußboden und verlangt lautstark und lange nach der Schokolade.
Auch für die Kinder ist diese Zeit anstrengend
Szenen wie diese kenne sicherlich fast alle Eltern. Bei den meisten Kindern beginnt die Autonomiephase mit etwa zwei Jahren. Die Wutanfälle sind je nach Persönlichkeit des Kindes mehr oder weniger heftig und häufig. Aber klar ist: Sie gehören mit zur Entwicklung jedes Kindes. „Kinder müssen lernen, die Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen anderer zu finden“, erklärt Heike Pöppinghaus vom Kinderschutzbund Essen. Sie ist Sozialpädagogin und systemische Kinder- und Jugendlichentherapeutin und weiß, dass diese Zeit nicht nur für die Eltern aufreibend ist, sondern auch für die Kinder selbst.
In der Wut gefangen
Die Jungen und Mädchen stoßen immer wieder an Grenzen. Sie erfahren, dass sie etwas noch nicht können oder gerade etwas nicht dürfen. „Dabei entsteht Frust und Ärger, den die Kinder noch nicht regulieren können“, erläutert Heike Pöppinghaus. „Sie sind in ihren heftigen Gefühlen gefangen und finden keinen Ausweg. Sie müssen erst lernen, mit Enttäuschung und Frustration umzugehen – und das ist für alle anstrengend.“
Die Wut nicht persönlich nehmen und ruhig bleiben
Darf mein Kind das, was es gerade möchte? Oder geht das nicht? Das sollten sich Eltern immer fragen, so Heike Pöppinghaus vom Kinderschutzbund. „Die Autonomiephase ist geprägt vom Wechsel zwischen Gewährenlassen und Gegenhalten“, sagt sie. Dabei sei klar, dass Mädchen und Jungen Grenzen in dieser Zeit nur selten ohne Widerstand hinnehmen. „Die Eltern müssen akzeptieren, dass ihr Kind dabei laut wird, weint und schreit.“
Heike Pöppinghaus rät Müttern und Vätern, während eines Wutanfalls möglichst ruhig zu bleiben und sich immer wieder daran zu erinnern: „Mein Kind will mich nicht ärgern. Es kann in diesem Moment einfach nicht anders.“ Wichtig sei, dass Eltern sich nicht in einen Machtkampf mit dem eigenen Kind begeben oder das Kind mit seinem heftigen Frust und seiner Wut alleine lassen, letzteres erlebt das Kind als ins Leere gehen.
Wenn Kinder ihre Eltern schlagen
Manche Kinder toben und wüten so heftig, dass sie auch auf ihre Eltern einschlagen, sich oder andere verletzen könnten. Dann sei es wichtig, so die Sozialpädagogin, dem Kind Halt zu geben, auch durch körperlichen Halt, und sehr klar zu sein: „Nein, das geht nicht. Du darfst mich nicht schlagen!“ Für das Kind sei es trotz allem sehr beruhigend zu erfahren: „Meine Eltern bleiben bei mir und lassen mich mit diesen heftigen Gefühlen nicht alleine.“ Gewalttätig gegenüber dem Kind zu werden sei aber kein Lösungsweg, und hier sollten sich Eltern Unterstützung und Hilfe suchen, etwa in Familienzentren oder Familienberatungsstellen.
Und auch das ist beruhigend: Die Autonomiephase – so aufreibend sie auch sein mag – geht vorbei. Bei den meisten Kindern sind die heftigsten Wutanfälle mit etwa vier Jahren vorbei.
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Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung