Ist es okay, seine Kinder in der Advents- und Weihnachtszeit anzuschwindeln? Foto: Angelo Esslinger auf Pixabay
Ist es okay, seine Kinder in der Advents- und Weihnachtszeit anzuschwindeln? Foto: Angelo Esslinger auf Pixabay
 

Dürfen Eltern ihre Kinder anschwindeln?

29. November 2023, Nicole Vergin

In der Advents- und Weihnachtszeit kommen in vielen Familien der Nikolaus, der Weihnachtsmann oder das Christkind zu Besuch. Sie sind wie gute, alte Freunde – ohne sich allerdings jemals richtig zu zeigen. Warum eigentlich? „Es gibt ja soooo viele Kinder ….“ ist ein bei Eltern beliebtes Argument. Manche Väter und Mütter plagt allerdings irgendwann das schlechte Gewissen: Ist es okay, das eigene Kind anzuschwindeln?

Spannende Geschichten

Thomas Weyand ist Familientherapeut und leitet die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Kinderschutzbundes Essen. Er sagt: „Ich finde es durchaus legitim, Kindern Geschichten rund um den Nikolaus, den Weihnachtsmann oder das Christkind zu erzählen. Gerade jüngere Kinder leben ja grundsätzlich viel in der Fantasie. Und diese Erzählungen machen den Zauber der Advents- und Weihnachtszeit aus. Sie sind aufregend und spannend und mit positiven Gefühlen verbunden.“

Sehnsucht nach Magie

Vielerorts kommt in der Nacht zum 6. Dezember der Nikolaus vorbei und füllt Schuhe und Stiefel mit Süßigkeiten und kleinen Geschenken: „Der Nikolaus war da!“ Heiligabend selbst reisen dann das Christkind oder der Weihnachtsmann auf magische Weise durch die Welt und bringen die Geschenke. Die meisten Kinder warten sehnsüchtig auf diese zauberhaften Wesen, stellen ihnen etwas zu essen hin, einen Brief oder ein Bild. Wenn sie älter geworden sind, sind manche allerdings enttäuscht: „Das Christkind gibt es ja gar nicht! Ihr habt mich die ganze Zeit angelogen!“

Die Welt ein bisschen schöner machen

Thomas Weyand, Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Kinderschutzbundes Essen. Foto: DKSB OV Essen
Thomas Weyand, Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Kinderschutzbundes Essen. Foto: DKSB OV Essen

Die Geschichten rund um Nikolaus, Christkind oder Weihnachtsmann sind für den Familientherapeuten Thomas Weyand höchstens „white lies“. Das sind Unwahrheiten, die weder böse, schädlich oder verletzend sind, sondern etwas Gutes bewirken. „Die Geschichten sollen die Welt ein bisschen schöner und zauberhafter machen – und das ist aus meiner Sicht überhaupt kein Problem“, sagt Thomas Weyand. Wenn sie Kinder irgendwann anzweifeln, sei es für Eltern wichtig, mit Feingefühl zu reagieren. Bei beharrlichem Nachfragen könnten sie sagen: „Wir haben dir eine Geschichte erzählt, weil wir sie selbst als Kind so schön fanden. Jetzt bist du schon so groß geworden, dass du das herausgefunden hast.“

Manche Kinder trauern richtig um die Zauberwesen. Dabei sei es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass sie weiter an das Christkind oder den Weihnachtsmann glauben dürfen.