Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. So steht es seit dem Jahr 2000 im Bürgerlichen Gesetzbuch, der 30. April ist der Tag der gewaltfreien Erziehung. „In dieser Zeit hat sich in der Erziehung viel verändert“, sagt Cäcilia Rempe von der Beratungsstelle des Kinderschutzbundes in Münster. „Die meisten Eltern wissen, dass sie ihre Kinder nicht schlagen dürfen und dass auch andere Formen von Gewalt nicht in Ordnung sind“, so die Diplom-Pädagogin, die seit rund 25 Jahren mit Eltern arbeitet. „Aber wenn Mütter und Väter überfordert sind, kommen viele von ihnen an ihre Grenzen“, erzählt Cäcilia Rempe. „Wenn sie in solchen angespannten Situationen Druck auf Kosten ihrer Kinder ablassen, können sie ihnen auch mit Worten und Blicken sehr wehtun.“ Dafür kennt Cäcilia Rempe viele Beispiele. Sie weiß aber auch, dass Eltern Wege finden können, um mit Konflikten im Familienalltag entspannter umzugehen.
Wenn die Gefühle hochkochen … Zwei Beispiele
Die siebenjährige Mia braucht morgens sehr lange, bis sie angezogen ist, gefrühstückt hat und zur Schule gehen kann. Ihrem Vater platzt regelmäßig der Kragen. Wenn der Zeitdruck sehr groß wird, schreit er Mia an und beschimpft seine Tochter als „unfassbar lahme Schnecke“.
„Jerome hört in letzter Zeit überhaupt nicht mehr! Er ist furchtbar. Ich halte das nicht mehr aus!“ Jeromes Mutter erzählt ihrer Freundin am Telefon von den häufigen Konflikten mit ihrem dreijährigen Sohn, während er neben ihr spielt. Nach einem Tag voller Streit kann es sein, dass ihn seine Mutter irgendwann überhaupt nicht mehr beachtet und er allein in Bett gehen muss.
Wie es anders gehen könnte …
„Konflikte gehören zum Familienleben dazu“, betont die Beraterin Cäcilia Rempe. Wichtig sei, dass die Eltern bei allen explodierenden Gefühlen grundsätzlich wertschätzend mit ihren Kindern umgehen. „Väter und Mütter können lernen, sich in ihr Kind einzufühlen. Es entspannt auch die Erwachsenen, wenn sie wissen, warum ein Kind quengelt, schreit oder nörgelt und was es dann braucht“, sagt sie.
Sich beruhigen – und dann den Streit klären
Das Kind unkontrolliert anschreien, beleidigen, niedermachen … Bevor Anspannung und Wut auf diese Weise explodieren, kann ein inneres Stopp-Schild helfen. „Den Ärger bemerken, durchatmen, eine Pause machen und sich beruhigen“, rät Cäcilia Rempe. „Das ist nicht einfach, lässt sich aber lernen und trainieren.“ Danach sei es wichtig, wieder mit dem Kind zu sprechen und den Konflikt zu klären.
Sich Hilfe zu holen ist ein Zeichen von Stärke
Ein afrikanisches Sprichwort besagt: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Heute leben nur noch selten mehrere Generationen zusammen, die sich die Betreuung und Erziehung der Kinder teilen können. Viele Eltern haben das Gefühl, alles alleine schaffen zu müssen. „Das stimmt aber nicht“, betont die Cäcilia Rempe vom Kinderschutzbund Münster. „Eltern haben ein Recht auf eigene Bedürfnisse – und darauf, sich Unterstützung zu suchen.“ Und eine wichtige Erfahrung macht die Diplom-Pädagogin immer wieder: „Die meisten Eltern wollen gute Eltern sein – und in vielen Situationen schaffen sie das auch.“
- In jeder Stadt gibt es Erziehungs- und Familienberatungsstellen, die Eltern dabei helfen, Konflikte wertschätzend und respektvoll zu lösen. Auch der Kinderschutzbund bietet in vielen Städten Beratung und Unterstützung an.
- In Elternkursen wie Starke Eltern – Starke Kinder® können sich Mütter und Väter untereinander austauschen. Sie lernen Wege kennen, um den Familienalltag zu entlasten und wertschätzend mit ihren Kindern umzugehen. Der Kinderschutzbund und andere Träger bieten den Kurs vielerorts an.
- Auch telefonisch können sich Mütter und Väter Unterstützung holen. Das Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“ ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr und dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800 111 0 550