Gesundheitsinfos auf TikTok, Instagram und Co.

Wie verlässlich sind die Informationen auf Social Media?
29. Juni 2023, Karin Hendrysiak

Modetrends, kreative Ideen für den Mittagssnack oder Hausmittelchen bei Fieber, Erkältung und Co. – all das finden wir heute ohne großen Aufwand und praktisch an einem Ort gebündelt: auf Social Media. Plattformen wie Instagram und TikTok boomen und neue Inhalte von sogenannten Influencern werden uns im Minutentakt direkt aufs eigene Smartphone geliefert. Doch gerade beim Thema „Gesundheit“ fragen sich viele: Wie zuverlässig sind die Infos von digitalen Gesundheitsgurus wirklich? Und woran erkenne ich verlässliche Inhalte auf Instagram, TikTok und Co.? Diese und weitere Fragen rund um Gesundheitsinfos in den sozialen Netzwerken beantwortet der BKK-Landesverband NORDWEST.

Risiken von Fehlinformationen

Auf Plattformen wie TikTok, Facebook und Instagram werden Informationen und persönliche Meinungen beinahe ungefiltert verbreitet. Bei Videos mit Tipps zu Mode, Make-up und Rezepten ist das in der Regel auch unbedenklich. Doch wenn es um Gesundheit geht, lauern ernste Risiken. Denn: Die wenigsten Infos, die auf Social Media verbreitet werden, sind fachlich geprüft! Im harmlosesten Fall passiert nichts, wenn man den digitalen Tipps folgt – im schlimmsten Fall kann es aber schwerwiegende Folgen haben. Beispiel: Laut Bericht der Süddeutschen Zeitung sollen selbsternannte Expertinnen und Experten in TikTok-Videos Rezepte für Kräutermischungen verbreitet haben, die Schwangerschaftsabbrüche herbeiführen. Das Problem: In solchen Rezepten wurden Blauer Eisenhut, Weinraute oder Polei-Minze verwendet – alles Pflanzen, die für den Menschen hochgiftig sind. Diese Information fehlt meist in den Videos und viele User bleiben über die reale Gefahr im Dunkeln.

Doch trotz der vielen Fehlinformationen und der durch sie entstehenden Gesundheitsrisiken boomt „Gesundheitsinfluencing“ auf den digitalen Plattformen.

Gesundheitsinfluencing

Allein auf Instagram hat #gesundheit beinahe vier Millionen Einträge, auf TikTok erscheinen Videos mit packenden Titeln wie „Die Brennnessel – Eine der mächtigsten Heilpflanzen“ und „Urologe erklärt…“. Was all diese Leute, die solche Inhalte veröffentlichen, gemeinsam haben: Sie sind Influencer – oder auch „Gesundheitsinfluencer“.

Diese Personen wollen meist das gleiche wie andere Influencer: möglichst viele Leute mit ihrem Content erreichen und unterhalten, gerne auch mal gesponsort von Unternehmen. Und gerade bei letzterem Aspekt sollte die erste Alarmglocke klingeln.

1. Warnzeichen: Werbung

Mittlerweile muss Werbung auf Facebook, Instagram und TikTok deutlich gekennzeichnet werden. Manche Influencer greifen auf Formulierungen wie „Sponsored“ oder „Bezahlte Werbung“ zurück, um den Followern klarzumachen: Hierfür haben sie eine wirtschaftliche Gegenleistung erhalten. Sind Inhalte zum Thema „Gesundheit“ mit wirtschaftlichem Interesse verbunden, müssen User aufpassen und Vorsicht walten lassen! In der Regel werden bei bezahlter Werbung Produkte oder Dienstleistungen angepriesen – im medizinischen Bereich gerne Nahrungsergänzungsmittel oder verschreibungsfreie Medikamente. Hier gilt: nicht blind vertrauen, recherchieren und eine eigene Meinung bilden.

Und selbst bei „unbezahlter Werbung“ sollte man einen zweiten Blick auf die Beiträge werfen und überlegen: Kann die Person vor der Kamera überhaupt die Qualität des Produkts oder der Informationen beurteilen? Und gibt es noch andere Verbindungen zwischen dem Sponsor und dem Influencer z.B. persönliche Beziehungen oder vergangene Geschäftsbeziehungen?

2. Warnzeichen: Quellen

Ob im Video, am Rand der Info-Grafik oder im Beschreibungstext (der sogenannten „Caption“): Hier werden häufig die Quellen der präsentierten Informationen aufgelistet. Fehlen diese, sollten die Infos überprüft und im Zweifel ignoriert werden, wenn sie sich nicht anderweitig belegen lassen.

3. Warnzeichen: Ausbildung vs. Auftreten

Bei jeder Information, die Gesundheit betrifft, sollten sich User fragen: Wer gibt die Infos? Für viele User wirkt Content mit angeblichem Informationsgehalt schon seriös, wenn die Präsentation stimmt: Gute Grafik, ein knackiger Titel und eine Rednerin oder ein Redner, die gut mit Worten umgehen können, reichen da meist schon aus. Doch nur weil etwas seriös und verlässlich wirkt, ist es das noch lange nicht! So greifen eine Menge Gesundheitsinfluencer auf weiße Kittel, Krankenhauskleidung oder „Doktor“ im Profilnamen zurück – doch das alles macht noch keine studierten Medizinerinnen und Medizinier aus, die wissen, wovon sie reden.

Gerade für die jungen Nutzerinnen und Nutzer der Social-Media-Plattformen ist das manchmal schwer zu erkennen. Also sollten gerade sie sich immer fragen:

  • Wie gibt die Person im Video ihre Qualifikationen an?
  • Impliziert sie ihre Fachkompetenz durch ihr Auftreten und Aussehen?
  • Gibt es zusätzliche Informationen zur Ausbildung? Und woher stammen diese?

Chancen von Gesundheitsinfluencing

Das Konzept hinter dem Gesundheitsinfluencing ist eigentlich ein lobenswertes: niederschwelliger Zugang zu allgemein nützlichen Informationen. Mit mehr Verlässlichkeit und Überprüfbarkeit könnten TikTok und Co. viele Informationen inklusiv in alle deutschen Haushalte bringen – und das deutlich schneller als es unser aktuelles Gesundheitssystem mit langen Wartezeiten, kurzen Sprechzeiten und überlasteten Praxen vermutlich könnte.

Doch ganz ohne Hausärztinnen und -ärzte in den Praxen kommen wir noch nicht aus – und das Kurzvideo auf Instagram sollte auch nie den Besuch bei ihnen ersetzen. Denn selbst wenn medizinische Fachleute ihr Wissen auf TikTok, Instagram und Co. teilen, sehen sie nie den User am Bildschirm, nie die individuellen Krankheitsgeschichten oder medizinischen Grundvoraussetzungen.

Also: Infos im Netz können nützlich sein, wenn sie fundiert und geprüft sind, aber werden die individuelle, medizinische Behandlung bei den eigenen Hausärztinnen und -ärzten nicht ersetzen können.