Foto: Adobe Stock, Belinda Pretorius
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Aufwachsen

Nur nicht persönlich nehmen

Respektlosigkeit, Grenzüberschreitungen, Verlust von Autorität. Themen, auf die Beatrix Schulte-Eick in ihren Kursen „Starke Eltern – starke Kinder“aufmerksam macht.
10. Juli 2019, Jörn-Jakob Surkemper

Wenn Kinder eigene Wege gehen
Vermeintliche Respektlosigkeit, Grenzüberschreitungen, Verlust der elterlichen Autorität – das sind die Themen, mit denen Beatrix Schulte-Eick immer wieder in ihren Kursen „Starke Eltern – starke Kinder“ speziell für Eltern mit Kindern in der Pubertät konfrontiert wird. „Während es bei jüngeren Kindern darum geht, die Bindung aufzubauen und zu verfestigen, geht es bei Pubertierenden und Vorpubertierenden darum, diese nicht zu verlieren“, beschreibt die gelernte Erzieherin, Heilpädagogin und selbst Mutter zweier erwachsener Kinder eine Besonderheit dieses Alters: „Die Heranwachsenden orientieren sich zunehmend an ihrer Peergroup und immer weniger an ihren Eltern.“ Die auch daraus resultierenden Grenzüberschreitungen beziehen sich meist auf Mobilität und eigene Aktivitäten insbesondere am Abend sowie auf den Zeitpunkt des Nachhause-Kommens.

Hohes Konfliktpotenzial berge auch die Mediennutzung. „Ich hatte mal eine Teilnehmerin, die hat ihren Sohn nicht vom Computer wegbekommen“, erinnert sich Schulte-Eick. Die aufgestellten Regeln habe er ignoriert. „Das erleben Eltern verständlicherweise oft als respektlos. Grundsätzlich ist wichtig, das Verhalten der Kinder und Jugendlichen nicht persönlich zu nehmen und dann nicht mit überzogenen Drohungen oder Strafen zu reagieren. Die Kinder wollen ihre Eltern mit ihrem Verhalten in der Regel nicht bewusst ärgern.“ Hier helfe es, auch mal an die eigene Pubertät zurückzudenken, um sich in die Kinder hineinzuversetzen. Diese Botschaft sei jedoch auch umgekehrt für die Kinder wichtig: Regeln sind kein Selbstzweck und nicht dazu da, die Kinder zu ärgern. Wichtig sei zu sagen: „Du bist mir nicht egal; ich interessiere mich für Dich!“, so die 56-Jährige.

Regeln und Konsequenzen bei ihrer Missachtung sollten zudem gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen erarbeitet und vereinbart werden. „Dann ist es wahrscheinlicher, dass sie auch befolgt werden“, sagt die Hagenerin. Und Konsequenzen sollten einen inhaltlichen Bezug zum Regelverstoß haben (also nicht Stubenarrest bei zu langem Fernsehen, sondern stattdessen vielleicht ein fernsehfreier Tag). „Im konkreten Fall haben wir in der Gruppe gemeinsam festgestellt, dass die Regeln nicht so klar waren, wie die Mutter zunächst meinte. In diesem Fall half eine schriftliche Vereinbarung, eine Art Vertrag über die Computernutzung.“       

… ist Erzieherin und Heilpädagogin und leitet eine städtische Kindertagesstätte in Menden. 2000 absolvierte sie die Ausbildung zur Elterntrainerin beim Deutschen Kinderschutzbund (DSKB). Seitdem führt sie regelmäßig die vom DSKB entwickelten Kurse „Starke Eltern – Starke Kinder“ durch, u. a. beim DKSB in Hagen, wo sie lebt. Die Kurse bestehen aus acht bis zwölf zweistündigen Einheiten mit ebenso vielen Teilnehmern. Neben theoretischem Input dienen die Kurse vor allem auch dem Austausch der Eltern.
www.starkeeltern-starkekinder.de

Tipps bei Überforderung mit pubertierenden Kindern

  • Nehmen Sie das Verhalten nicht persönlich.
  • Zeigen Sie Interesse. Dadurch lassen Sie die Beziehung nicht abreißen.
  • Aber: Bleiben Sie in der Elternrolle. „Eltern können nicht beste Freundin oder bester Freund sein.“
  • Erarbeiten und vereinbaren Sie in ruhigen Situationen (nicht in einer Konfliktsituation) gemeinsam klare Regeln und Konsequenzen bei Verstoß (im Zweifel auch schriftlich).
  • Fordern Sie die Einhaltung dieser Regeln konsequent ein.
  • Versuchen Sie jedoch auch gelassen zu bleiben. Hier hilft es vielleicht, sich an die eigene Pubertät zu erinnern.