Foto: iStock / Kerkez
 

Keine Angst vor der Pubertät

Tipps aus der Praxis
29. Mai 2020,

Es gibt eine Zeit im Leben ihrer Kinder, vor der sich viele Mütter und Väter fast fürchten: die Pubertät. „Ich kenne Eltern, die das Schlimmste erwarten und sich deshalb gut vorbereiten wollen“, sagt Anke Bednarczyk. Die Diplom-Pädagogin leitet beim Kinderschutzbund in Aachen Elternkurse (Starke Eltern – Starke Kinder®) zum Thema Pubertät. „Viele Eltern haben das Gefühl, dass sie diese Phase ihrer Kinder nur irgendwie überleben müssen“, erzählt sie. Dabei seien Mütter und Väter gerade in der Pubertät unglaublich wichtig. „Jugendliche brauchen während dieser Zeit ihre Eltern als zuverlässige Basis, die ihnen emotionale Sicherheit bietet“, erklärt die Pädagogin – und weiß natürlich aus der Praxis, wie schwierig das im Alltag sein kann.

Die eigene Persönlichkeit entwickeln

In der Pubertät entwickeln sich Mädchen und Jungen nicht nur körperlich zu geschlechtsreifen Erwachsenen. Sie bilden auch ihre eigene Persönlichkeit heraus – und wollen gleichzeitig dazugehören und ein Teil ihres Freundeskreises sein. „Die Pubertät ist für Jugendliche eine anstrengende und sehr sensible Entwicklungsphase“, betont Anke Bednarczyk. Hierfür Verständnis zu haben, sei wichtig und helfe dabei, ein gutes Miteinander zu finden.

Nicht befehlen, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen

„Das ist ein Saustall hier. Räum sofort dein Zimmer auf!“ Mit solchen Befehlen, mit Nörgeln, Meckern und Kritisieren kommen Eltern pubertierender Jugendlicher nicht weiter. „Spätestens jetzt sollten Mütter und Väter mit ihren Kindern auf Augenhöhe sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen“, rät die Diplom-Pädagogin Anke Bednarczyk. Machtworte („Um 10 Uhr bist du aber zu Hause!“) sollten die Ausnahme sein. Eine Frage, die manchen Eltern die Augen öffnet: „Wie sollte sich ein guter Chef oder eine gute Chefin Ihnen gegenüber verhalten?“

Den Umgang mit Medien aushandeln

„Viele Jugendliche geraten in den Sog des Internets“, beobachtet Anke Bednarczyk. Die Nutzung von Handys und Computern ist in der Pubertät häufig ein Problem. Anke Bednarczyk rät in den Elternkursen zu „Medienmanieren“. Das sind Vereinbarungen, die für die ganze Familie gelten. Alle Handys könnten zum Beispiel nachts im Wohnzimmer bleiben oder das W-Lan nach 20 Uhr abgeschaltet werden.

Wenn sich Jugendliche zurückziehen – nicht aufgeben

Teenager, die kaum noch mit den Eltern sprechen, sich in ihr Zimmer verkriechen und lieber mit Freundinnen und Freunden kommunizieren: Auch das kann Alltag mit pubertierenden Jugendlichen sein. „Nicht aufgeben, gemeinsame Erfahrungen suchen und immer wieder Gelegenheiten schaffen, ins Gespräch zu kommen“, rät Anke Bednarczyk. Auch wenn viele Eltern es in dieser Zeit nicht spüren: „Sie sind für die Kinder wichtiger, als sie denken.“

Mit anderen Eltern sprechen

Wenn Kinder klein sind, reden Eltern immer wieder über sie: auf dem Spielplatz oder vor dem Kindergarten. In der Pubertät bieten sich dafür kaum mehr Gelegenheiten. „Aber es tut Müttern und Vätern unglaublich gut, von ihren eigenen Erfahrungen zu erzählen und zu hören, welche Wege andere Familien gefunden haben“, sagt Anke Bednarczyk. Möglichkeiten dazu bietet der eigene Freundeskreis, andere Eltern aus der Schule oder dem Sportverein – oder ein Elternkurs zum Thema „Pubertät“. Wenn Eltern professionellen Rat brauchen kann die Kinderärztin oder der Kinderarzt eine erste Anlaufstelle sein. Unterstützung bieten auch Beratungsstellen oder das Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“.