Symbolfoto: Esi Grünhagen auf Pixabay
Symbolfoto: Esi Grünhagen auf Pixabay
 

Wie Eltern einen guten Babysitter finden

8. Mai 2024, Nicole Vergin

Abends ins Theater, die Kneipe oder in den Club gehen oder samstags einen ganzen Nachmittag lang shoppen … Viele Mütter und Väter sehnen sich danach, hin und wieder mal Zeit ohne ihre Kinder zu verbringen – ob alleine, zu zweit oder mit Freunden. Wenn die Kinder noch nicht alt genug sind, um alleine zu Hause zu bleiben, brauchen Eltern einen Baby- oder Kindersitter. Aber wie finden sie eine Person, der sie ihre Kinder anvertrauen können?

Dr. Nadine Jastfelder und Pascal Schultheis von der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt (PsG.nrw) haben eine empfehlenswerte Eltern-Broschüre dazu geschrieben: Private Kinderbetreuung sicher gestalten. MENSCHENSKINDER! hat mit Nadine Jastfelder über das Thema gesprochen.

 

Dr. Nadine Jastfelder, Leiterin der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW

Frau Dr. Jastfelder, warum war es Ihnen so wichtig, diese Broschüre zu schreiben?

Nadine Jastfelder: Private Kinderbetreuung bietet natürlich viele Vorteile. Sie birgt allerdings auch das Risiko, dass Baby- oder Kindersitter die Grenzen und Rechte von Kindern verletzen oder sogar Gewalt ausüben. Aus Unwissenheit und Unprofessionalität heraus – oder auch ganz bewusst. Es gibt Menschen, die sich beruflich und privat gezielt Bereiche suchen, in denen sie ungestörten und unkontrollierten Kontakt zu Kindern aufbauen können, um Grenzen zu verletzen und sexualisierte Gewalt auszuüben.

Warum ist dieses Risiko denn bei Baby- oder Kindersittern besonders hoch?

Nadine Jastfelder: Dafür gibt es mehrere Gründe. Wer als Babysitter arbeitet, bekommt oft Kontakt zu sehr jungen Kindern. Diese können sich nur bedingt mitteilen, wenn sie sich unwohl fühlen oder die Betreuungsperson etwas falsch macht. Dazu kommt, dass die Eltern oder andere Erwachsene in der Regel nicht dabei sind und dass es zu vielen körpernahen Situationen kommt. Beim Spielen, Wickeln oder Ins-Bett-Bringen könnten Personen, die es darauf anlegen, den Kindern zu nah kommen – ohne dass es jemand mitbekommt.

Was können Eltern tun, um einen Menschen zu finden, der sich ihren Kindern gegenüber respektvoll verhält?

Nadine Jastfelder: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es leider nie. Wir raten Eltern aber dazu, bei der Auswahl der Betreuungsperson sehr sorgfältig und planvoll vorzugehen und in entweder im persönlichen Umfeld oder in etablierten Online-Betreuungsportalen zu suchen. Die Elternteile sollten sich dann einen Lebenslauf, ein gültiges Ausweisdokument und ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen lassen, in dem auch Verurteilungen wegen Sexualdelikten aufgeführt wären. Außerdem ist es ratsam, darauf zu achten, ob die Person eine Qualifikation im Bereich der Kinderbetreuung hat, etwa ein Babysitterdiplom.

Was ist denn beim persönlichen Kennenlernen wichtig?

Nadine Jastfelder: Dabei geht es natürlich um den Eindruck: Ist mir oder uns der Mensch, der sich als Baby- oder Kindersitter bewirbt, sympathisch? Wie verhält sich die Person gegenüber den Erwachsenen, aber auch dem zu betreuenden Kind? Nimmt sie Kontakt auf? Außerdem finde ich es wichtig, die Motivation nachvollziehen zu können: Warum möchte der- oder diejenige als Baby- oder Kindersitter tätig werden? Und Eltern dürfen bei einem Kennenlernen ihren Sorgen oder Ängsten Raum geben.

Was heißt das? Sollten Eltern beim ersten Treffen direkt über sexualisierte Gewalt sprechen?

Nadine Jastfelder: Ich halte es für keine gute Idee, mit der Tür ins Haus zu fallen. Aber die Themen „Nähe und Distanz“ und „Grenzen wahren“ sollten auf jeden Fall angesprochen werden. Eltern könnten zum Beispiel formulieren: „Uns ist es ganz wichtig, dass die Rechte meines Kindes gewahrt werden“ und mit der Bewerberin oder dem Bewerber darüber ins Gespräch kommen – ganz konkret anhand bestimmter Tätigkeiten, etwa dem Wickeln oder dem Körperkontakt. Und Mütter und Väter dürfen durchaus sagen „Übergriffe und sexualisierte Gewalt können ja überall vorkommen“ auch dann mit der Person darüber sprechen. Gehen die Bewerberinnen und Bewerber in einen offenen Austausch? Oder spielen sie das Thema herunter? Bei der Auswahl eines Kindersitters sollten Eltern auch darauf hören, was ihre Kinder meinen – sofern sie schon alt genug dafür sind. Aber die letzte Verantwortung bleibt bei den Erwachsenen.

Wenn die Entscheidung für einen Baby- oder Kindersitter dann gefallen ist: Welche Rolle spielen Absprachen und Regeln?

Nadine Jastfelder: Eine ganz entscheidende. Wir empfehlen, einen Betreuungsvertrag aufzusetzen, in dem bestimmte Regeln konkret benannt sind. Darin sollte etwa stehen, dass besondere Vorkommnisse mit den Eltern besprochen werden. Es darf keine Geheimnisse zwischen Kindern und Betreuungspersonen geben. Eine andere zentrale Regel ist, dass Intimsphäre der Kinder gewahrt bleibt. Foto- oder Videoaufnahmen mit dem privaten Smartphone der Betreuungspersonen sind nicht erlaubt. Außerdem ist es wichtig, immer eine Übergabe zu machen und die Kinder hinterher zu fragen, wie es war und was vielleicht beim nächsten Mal anders werden sollte.

 

Ausführlich wird das Thema „Private Kinderbetreuung sicher gestalten!“ in der gleichnamigen Broschüre von Dr. Nadine Jastfelder und Pascal Schultheis behandelt.

Sie können die Broschüre bei der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt kostenlos bestellen.