Symbolfoto: congerdesign auf Pixabay
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Kinder trauern anders

14. Februar 2024, Nicole Vergin

Für Erwachsene, die einen nahestehenden Menschen verloren haben, ist die Trauer fast immer spürbar. Sie fühlt sich häufig an wie ein bleischwerer Mantel, den man nicht ausziehen kann. Bei Kindern ist das anders. Sie springen in ihre Trauer hinein, finden aber auch wieder hinaus und machen mit ihrem gewohnten Leben weiter. In einem Moment sind sie tief traurig und weinen, um danach weiterzuspielen und fröhlich zu sein. „Wir nennen das `Trauerpfützen´“, erklärt Katrin Petri. Sie leitet beim Kinderschutzbund in Krefeld mit ihrer Kollegin Heike Dufeu zwei Trauergruppen. Sie heißen „Wolkenanker“. Eine Gruppe richtet sich an Kinder von sechs bis zwölf Jahren, die andere an Teenager.

Wie kommt Oma in die Urne?

Für jüngere Kinder ist der Tod etwas sehr Abstraktes, das sie noch nicht in seinem ganzen Ausmaß erfassen können. Ab etwa sechs Jahren begreifen sie dann, was es bedeutet, wenn ein Mensch stirbt. Dazu gehört, dass diese Person – sei es die Oma, der Onkel, der Vater oder die Schwester – niemals wiederkommt. Die Mädchen und Jungen haben dann viele Fragen, zum Beispiel: Wie kommt Oma in die Urne? Warum bekommt sie neue Kleidung an?

Den Sarg bemalen oder einen Brief schreiben

„Es ist gut, wenn Eltern oder eine andere vertraute Person dem Kind diese Fragen nachvollziehbar beantworten“, sagt Katrin Petri. Sie ist Kunsttherapeutin, Traumapädagogin und Trauerbegleiterin in Ausbildung. „Es ist schön, wenn die jüngsten Familienmitglieder soweit wie möglich einbezogen werden, etwa bei der Beerdigung“, so Katrin Petri weiter. Es gebe zum Beispiel die Möglichkeit, den Sarg liebevoll zu bemalen. Etwas für den verstorbenen Menschen zu tun und sich dabei gemeinsam zu erinnern, sei für viele Kinder wertvoll – und für die Erwachsenen auch. Es sei für alle wichtig, ihre Trauer nicht verstecken zu müssen. „Auch die Eltern brauchen übrigens keine Scheu zu haben, den Kindern ihre Trauer zu zeigen – wenn sie danach wieder als Mutter oder Vater für ihre Kinder da sein können“, so Katrin Petri.

Alle Gefühle dürfen da sein

Häufig unterdrückten Kinder ihre Gefühle, weil sie ihre Eltern nicht noch zusätzlich belasten wollen. In den Trauergruppen beim Kinderschutzbund in Krefeld können sie zeigen, wie es ihnen wirklich geht. „Bei uns sind alle Gefühle erlaubt – Trauer natürlich, aber auch Wut oder Schuldgefühle“, sagt Katrin Petri, eine der beiden Gruppenleiterinnen. „Es verschafft immer Erleichterung, wenn Gefühle einfach da sein dürfen.“ Das sei bei den „Regenbogenkids“ (der Gruppe für die Sechs- bis Zwölfjährigen) genauso wie bei den „Maxis“ ab zwölf Jahren. Zuerst erzählen alle, wie es ihnen gerade geht und was in den vergangenen zwei Wochen seit der letzten Gruppenstunde passiert ist. Danach steht jeweils eine Aktivität im Mittelpunkt. Die Kinder und Jugendlichen werden künstlerisch tätig, bewegen sich oder kommen zur Ruhe. Dabei haben sie die Möglichkeit, viel über den verstorbenen Menschen zu reden, und ihre Gefühle offen zu zeigen. „Ihnen tut die Gruppe gut, weil sie vieles hierlassen können“, sagt Katrin Petri. „Der Verstorbene wird natürlich immer fehlen, aber der Umgang mit diesem Verlust wird mit der Zeit leichter.“

Wer braucht eine Trauergruppe?

Trauer ist unterschiedlich stark – je nachdem, wie die Bindung zum Verstorbenen war. Wenn sich Kinder und Jugendliche sehr verändern und sich lange Zeit ungewöhnlich verhalten, kann eine Trauerbegleitung oder eine Trauergruppe sinnvoll sein. „Wir ermutigen alle, sich nicht zu scheuen, sich in dieser Situation Hilfe zu suchen“, sagt Katrin Petri vom Kinderschutzbund Krefeld. Neben der Trauergruppe bietet ihre Kollegin Heile Dufeu (Kinder-, Jugend- und Familientrauerbegleiterin) Familien in Krisen auch Einzelunterstützung an.

 

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