Symbolfoto: Thomas auf Pixabay
Symbolfoto: Thomas auf Pixabay
 

„Erwachsene verstehen mich sowieso nicht!“

Samstags beraten nur junge Leute bei der „Nummer gegen Kummer“
13. März 2025, Nicole Vergin

„Erwachsene verstehen mich sowieso nicht!“ So denken viele junge Leute – und melden sich mit ihren Problemen samstags bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ der „Nummer gegen Kummer“. Das Angebot gibt es seit über 30 Jahren. MENSCHENSKINDER! hat mit einer jungen Ehrenamtlichen und einer Koordinatorin gesprochen.

Zweimal im Monat verbringt Hannah Schneider* (21) den frühen Samstagabend beim Kinderschutzbund in Leverkusen. Meistens hat sie zwischen 18 und 20 Uhr Dienst bei der „Nummer gegen Kummer“. Das Besondere an den Samstagen: Es melden sich ausschließlich geschulte junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren, um mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu sprechen und sie zu beraten – anonym und kostenlos. „Viele haben das Gefühl, dass Gleichaltrige sie und ihre Sorgen besser verstehen und ihnen helfen können“, sagt die Studentin, die seit 2022 ehrenamtlich bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ mitmacht.

* Bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ bleiben auch die Berater*innen anonym. Daher ist Hannah Schneider nicht ihr richtiger Name, sondern ein Pseudonym.

Am Ende des Gesprächs deutlich entspannter

Die Themen sind sehr breit gefächert und reichen von Liebeskummer, Schulproblemen und Mobbing über psychische Erkrankungen bis hin zu erlebter Gewalt. „Uns geht es darum, den Anrufer*innen viel Raum zum Reden zu geben“, erzählt Hannah Schneider. „Irgendwann frage ich dann, was sie schon getan haben, um ihr Problem zu lösen, und wer sie in ihrer Umgebung unterstützen könnte.“ Hilfe zur Selbsthilfe: Das ist das Prinzip der „Nummer gegen Kummer“. Wenn es nötig ist, verweisen Hanna Schneider und die anderen Ehrenamtlichen am Telefon auch an Beratungsstellen und Unterstützungsangebote vor Ort. Ein kleines Erfolgserlebnis hat die 21-Jährige fast immer am Ende eines Gesprächs: „Die meisten Anrufer*innen legen deutlich entspannter auf, als sie sich gemeldet haben. Viele bedanken sich und sagen, dass sie ihre Situation auf diese Weise noch gar nicht betrachtet hätten.“ Und auch Hannah Schneider, die Soziale Arbeit studiert, ist für die Erfahrungen dankbar, die sie am Telefon sammelt: Sie mag es, „Menschen zu helfen, indem ich mein Bestes gebe.“

Austausch auf Augenhöge  

Das Angebot „Jugendliche beraten Jugendliche“ gibt es seit über 30 Jahren. Allein 2023 haben die bundesweit fast 500 Ehrenamtlichen über 4.000 Beratungsgespräche geführt. Die Grundidee dabei: Die Beratung von Jugendlichen für Jugendliche schafft eine Vertrauensbasis und ermöglicht einen Austausch, bei dem junge Menschen sich auf Augenhöhe begegnen und ihre Sorgen teilen können. Wichtig sei dabei die intensive Schulung und Begleitung der jungen Berater*innen, betont Susanne Midden-Hanke, die beim Kinderschutzbund Leverkusen im Team mit anderen die „Nummer gegen Kummer“ koordiniert. Die Ausbildung umfasst zwischen 80 und 85 Stunden – in Bereichen wie Gesprächsführung, psychologischen Themen und Selbstreflexion; dann folgt eine Hospitanz bei erfahrenen Berater*innen. Aber auch wenn die jungen Ehrenamtlichen alleine am Telefon sitzen, ist immer jemand aus dem Team erreichbar. „Denn es kann auch unangenehme oder sehr herausfordernde Gespräche geben oder Themen, die man nicht so einfach wieder loslassen kann“, erklärt Susanne Midden-Hanke. Daher seien auch Fortbildungen und Supervisionen für alle, die bei der „Nummer gegen Kummer“ mitarbeiten, sehr wichtig. Von „Jugendliche beraten Jugendliche“ profitieren aus Sicht von Susanne Midden-Hanke nicht nur die Anrufer*innen: „Das Angebot fördert ebenso das Selbstvertrauen und das Verantwortungsgefühl der jungen Ehrenamtlichen selbst.“

 

Weitere Informationen:

  • „Jugendliche beraten Jugendliche“: Dieses Beratungsangebot ist samstags von 14 bis 20 Uhr unter 116 111 erreichbar – kostenlos und anonym.
  • Infos im Internet: www.nummergegenkummer.de
  • Jugendliche und junge Erwachsene bis 27, die selbst bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ mitwirken möchten, können sich hier informieren.